Rezension: “Die Farben des Sees” von Rike Richstein

Feinsinnige und tiefgehende Liebeserklärung an den Bodensee

Seit mehr als 13 Jahren sehe ich den Bodensee fast täglich, manchmal ganz aus der Nähe, manchmal nur aus der Ferne, und in der Zeit habe ich sicherlich unzählige Stunden damit verbracht, den Blick über das Wasser schweifen zu lassen, seine Farben mal mehr, mal weniger bewusst wahrzunehmen, dabei den eigenen Gedanken nachzuhängen und über (un-)mögliche „Was wäre (gewesen), wenn…“-Szenarien oder die eine oder andere (nicht) getroffene Entscheidung zu sinnieren. Die junge Autorin Rike Richstein hat sich vom Bodensee und all seinen Nuancen zu einem berührenden Roman inspirieren lassen, der sich genau um die richtigen und falschen Entscheidungen im Leben dreht und sich gleichzeitig wie eine Liebeserklärung an das Schwäbische (bzw. Badische) Meer liest.

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Rezension: “Eigentum” von Wolf Haas

Lebenserinnerungen voller Humor und Sprachkunst

Bei unserem ersten Aufeinandertreffen vor mittlerweile mehr als 13 Jahren war das mit Wolf Haas und mir nicht gerade Liebe auf den ersten Blick bzw. aufs erste Wort. Mit dem Krimi, mit dem die damalige Deutschlehrerin uns nach den Abiturprüfungen noch begeistern wollte, und vor allem mit dessen speziellem Humor konnte ich damals nicht viel anfangen. Etliche Jahre und ein Literaturstudium später gab ich Privatdetektiv Simon Brenner nach der Lektüre von Wolf Haas’ Roman Junger Mann, der mir ausgesprochen gut gefallen hat, noch eine zweite Chance und bin seitdem eine große Liebhaberin von der Sprachkunst und dem besonderen Humor des österreichischen Autors. Deshalb war die Freude auch riesig, als mir der Hanser Verlag überraschend Wolf Haas neuestes Werk Eigentum zuschickte.

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Rezension: “Lichte Tage” von Sarah Winman

Von großen Lieben und verpassten Chancen

Als ich das erste Mal von Lichte Tage hörte, das Cover sah und den Klappentext las, war ich fest davon überzeugt, dass Sarah Winmans Roman ganz und gar meinen Lesegeschmack treffen würde, dreht er sich doch um einige Themen, die immer wieder in der ein oder anderen Form in meiner bevorzugten Buchauswahl auftauchen und sich so nicht selten als Grundzutaten für eine mitreißende Lektüre erweisen: Melancholie, Poesie, Identitätssuche, Coming of Age, Sehnsucht, Einsamkeit, Melancholie, Kunstliebe, Trauer und Verlust. Obendrauf spielt Winmans Erzählung hauptsächlich in Oxford und London und Vincent van Goghs Kunst – und hier besonders eines seiner berühmten Sonnenblumen-Werke – spielt hier eine tragende Rolle. Es hätte also so schön sein können, aber leider wurde Winmans vielversprechender Roman meinen hohen Erwartungen bzw. großen Hoffnungen nicht ganz gerecht. 

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Rezension: “Wintersonne” von Katrine Engberg

Insgel(un-)glück auf Bornholm

Unter allen Herbst/Winter-Neuerscheinungen war Wintersonne wohl diejenige, der ich mit der meisten Spannung, aber vor allem größten Wehmut entgegenblickte, immerhin sollte das das vorerst letzte Wiedersehen mit Katrine Engbergs kongenialem Kopenhagener Ermittlerduo Werner & Kørner werden. Seit dem Erscheinen von Krokodilwächter, dem ersten Teil der Krimiserie, sind mir Engbergs Figuren und auch ihr Erzählstil über die Jahre nämlich extrem ans Herz gewachsen. Auch im neuesten und letzten Fall für Anette und Jeppe, der die Leser:innen diesmal auf die dänische Urlaubsinsel Bornholm führt, findet sich Vieles von dem wieder, was mich bereits an den vorherigen Bänden begeistert hat, dennoch ist auch so Einiges ganz anders – und das hat für mich teilweise ziemlich gut, teils etwas schlechter funktioniert und mich am Ende, gerade auch im Hinblick auf den (scheinbaren?) Abschluss der Serie, etwas zwiegespalten zurückgelassen.

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Rezension: “Die Kunst des Verschwindens” von Melanie Raabe

Eine magische Geschichte über das Suchen und Finden, Fortgehen und Ankommen

Kann eine einzige Begegnung den Lauf eines Lebens verändern? Gibt es tatsächlich so etwas wie Seelenverwandtschaft? Und was bleibt von uns, wenn wir nicht mehr da sind? Fragen, die sich wohl jede*r schon einmal gestellt hat, deren Beantwortung jedoch alles andere als leicht fällt bzw. gar schier unmöglich scheint. Genau diesen Fragen widmet sich Bestsellerautorin Melanie Raabe in ihrem neuesten Werk Die Kunst des Verschwindens und präsentiert ihren Leser*innen darin eine unheimlich faszinierende Annäherung an eben solche Themen, die einem beim Versuch, sie zu greifen, am Ende doch irgendwie wieder entgleiten, und zeigt dabei auf: Ein bisschen Magie kann der Schlüssel sein. Und nicht nur die Geschichte über eine Reise zweier Frauen zueinander hin, voneinander weg und schließlich zu sich selbst zurück hat etwas Magisches an sich, sondern auch das Buch selbst, das sich genretechnisch in keine Schublade stecken lässt, sprachlich und stilistisch brilliert, konstant die Spannung hält, dafür jedoch kein Stück an Tiefe einbüßt und unglaublich berührt.

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