Rückblick: Lesemonate März und April 2019

Ein üppiger, bunter Blumenstrauß aus Geschichten

Der April ist zwar noch nicht ganz zu Ende, aber da es für mich Anfang Mai auf Reisen geht und ich davor ohnehin nicht mehr groß zum Lesen – geschweigedenn zum Bücherkaufen – kommen werde, möchte ich jetzt all dem Packstress zum Trotz noch (mehr oder weniger) geschwind die Lesemonate März und April hier festhalten. Nachdem ich mich ja bereits über die ersten beiden erfolgreichen Lesemonate des Jahres gefreut hatte, konnte ich in den letzten acht Wochen sogar noch eine Schippe drauflegen: Während es im Januar und Februar insgesamt sieben gelesen Bücher waren, habe ich im März allein sieben Bücher und im April noch einmal vier weitere gelesen. Damit habe ich über ein Drittel meines angepeilten Jahresleseziels von 30 Büchern innerhalb von zwei Monaten gelesen, womit ich absolut nicht gerechnet hatte. Eine Sache allerdings hat mich nicht überrascht: Dass bei so einer (zumindest für mich) großen Fülle an Büchern das Spektrum entsprechend weit ist und die Qualität variiert. Somit war von zwei bis fünf Sternen (ja, 1 Sterne-Bewertungen gibt es bei mir so gut wie gar nicht) alles vertreten – und zwar in Form von zwei Ausreißern nach unten, einigen durchschnittlichen Geschichten, ziemlich guten Büchern und auch einem absoluten Highlight. Gleichzeitig sind jedoch auch so viele Bücher wie selten zuvor in meinem Regal neu eingezogen, vor allem im März. Vielleicht hat mich der bei dem für mich rasanten Lesetempo schneller schwindende SuB dazu angestiftet, man weiß es nicht. Aber bevor ich hier nach Erklärungen für diese kleine Eskalation ringe, gehe ich lieber erstmal auf die gelesenen Bücher ein, von denen eh auch einige Neuzugänge sind:

Gelesen im März und April 2019

(Nicht im Bild: “Eine Hand voller Sterne” von Rafik Schami)

Schon lange hatte ich das Gefühl, mal etwas von Juli Zeh lesen zu müssen. Weil ich bisher vorwiegend Positives über Unterleuten vernommen und mich die Handlung auch von allen ihren Romanen am meisten angesprochen hatte, fiel die Wahl also darauf. Die Ausgangslage klang spannend und ich war guter Dinge, aber allmählich wich das anfängliche Interesse relativer Gleichgültigkeit, was vor allem den Figuren geschuldet war, die mir allesamt unsympathisch waren, vor allem die Frauen. Auch war ich letzten Endes etwas enttäuscht, weil ich mehr Drama und vor allem einen größeren Showdown erwartet hatte. Wenigstens schreibt Zeh recht gut. Alles in allem ein „okayes“ Buch – nicht mehr und nicht weniger. In nächster Zeit werde ich aber sehr wahrscheinlich erstmal kein Bedürfnis danach verspüren, ein weiteres Buch von der Autorin lesen zu müssen.

Nach Zeh schnappte mir das nächste Buch einer Schriftstellerin: Die Liebe im Ernstfall von Daniela Krien, worüber im Februar und März auch gefühlt die ganze Buchbloggerszene und Bookstagram-Community begeistert sprach. Nun, was soll ich sagen? Wie bei Zeh kam der Hype auch hier nicht wirklich bei mir an. Ja, Krien schreibt sehr schön und ich mochte ihren Stil, aber die fünf Geschichten haben nicht wirklich meinen Geschmack getroffen bzw. hatte ich Schwierigkeiten, mich mit den fünf Frauen, um die sich die Geschichten drehen, zu identifizieren – und das sage ich als Frau. Ich habe beim Lesen einige Male mit den Augen gerollt und mir mehr als einmal gedacht: „Get over yourself…“ Nach meinem Empfinden stand die Sexualität der Charaktere auch etwas zu sehr im Vordergrund und bei zu viel Melodramatik reagiere ich einfach schnell allergisch. Dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass sich viele Leserinnen in den Geschichten und Figuren wiederfinden – in diesem Fall ist das eben reine Geschmackssache.

Nach diesen zwei mittelmäßigen Leseerfahrungen griff ich wieder zu einem Buch aus dem Hause Diogenes, diesmal aber zu einem Werk eines Autors, bei dem ich wusste, was mich ungefähr erwartete – zumindest ging ich davon aus. Letzten Endes hat mich Joeys Goebel mit seinem neuen Kurzgeschichtenband Irgendwann wird es gutdann doch überrascht. Anders als in seinen Romanen Vincent und Ich gegen Osborneschlägt der amerikanische Autor in seinen Short Stories nämlich einen ganz anderen Ton an: Seine charakteristische Ironie habe ich zwar ein bisschen vermisst, aber dafür hat er in den Geschichten genau das richtige Maß an Melancholie getroffen, was mir gut gefallen hat. Wie bei allen bisher gelesenen Kurzgeschichtenbänden haben mir auch hier längst nicht alle Geschichten gleichermaßen gefallen und es gab einige, die mir nicht zusagten, nichts mit mir machten oder für mich rätselhaft waren, aber vor allem zwei Kurzgeschichten haben es für mich herausgerissen: „Unsere Olivia“ und „Antikmarktmädchen“. Wer einmal eine etwas andere Seite von Joey Goebel kennenlernen möchte, dem sei ein Reinlesen wärmstens empfohlen.

Als Der goldene Handschuh von Heinz Strunk neu veröffentlicht wurde, hat mich der Titel des Buches irgendwie abgeschreckt, ohne dass ich gewusst hätte, um was es in dem Roman überhaupt ging – das erfuhr ich erst letztens im Gespräch mit einer Freundin, die davon erzählte, dass die Verfilmung demnächst im Kino liefe. Nun war meine Neugier geweckt und ich habe mir das Buch einige Tage darauf zugelegt, direkt mit dem Lesen begonnen und in einem Rutsch verschlungen. Die Geschichte über den berüchtigten Frauenmörder Fritz Honka ist definitiv nichts für Zartbesaitete und auch mir hat sich nicht nur einmal kurz der Magen umgedreht, aber man kann sich dem Bann von Strunks beeindruckender Milieustudie und seinem außergewöhnlichen Schreibstil nicht entziehen – zumindest ich konnte es nicht. Fazit: Faszinierend bizarr.

Irgendwie gehört es zum Gesetz bzw. zum normalen Auf und Ab, dass nach guten Leseerfahrungen auch wieder weniger gute kommen müssen – und so ging es mir dann mit Taduno’s Song von Odafe Atogun. Auf das Buch war ich ja nur per Zufall gestoßen und hatte entsprechend wenig Erwartungen, war am Ende aber dennoch etwas enttäuscht. Sprache und Stil erinnerten mich an die eines Kinder-/Jungendbuchs und auch die Handlung hat mich nicht mitgerissen. Da gibt es viele andere afrikanische Autoren, die deutlichere Akzente setzen und damit viel mehr überzeugen.

Taduno’s Song sollte aber nicht der tiefste Punkt der Berg- und Talfahrt sein: Mit Warlight von Michael Ondaatje ging es nämlich noch etwas weiter runter. Viele – u.a. kein Geringerer als Barack Obama – hatten von dem für den Man Booker Prize nominierten Roman geschwärmt und auch ich war davon überzeugt, dass die Geschichte meinen Geschmack treffen würde, doch leider war das ganz und gar nicht der Fall. Mit Ondaatjes Schreibstil hatte ich große Schwierigkeiten, sodass ich während des Lesens immer wieder abschweifte und bei jedem Weiterlesen erst einmal den Faden verloren hatte. Leider blieb mir – wahrscheinlich unter anderem auch deshalb – der Zugang zu den Figuren verwehrt und auch die Handlung war weitaus weniger mitreißend, als ich erwartet hätte. Insgesamt also leider ein wenig überzeugendes Leseerlebnis.

Mit Alexander Pechmanns Die Nebelkrähe blieb ich jedoch erst einmal am gleichen Handlungsort und war schnell wieder versöhnt, denn Pechmanns atmosphärische Erzählung, die kurz nach dem Ersten Weltkrieg in London spielt, hat mir auf Anhieb sehr gut gefallen. Sie greift ein bisschen den Geist (im wahrsten Sinne des Wortes…) der Schauergeschichten des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf und dreht sich um Spiritualität – und um Oscar Wilde, was natürlich ein absoluter Bonuspunkt für mich war.

Schaurig, aber noch düsterer ging es für mich im Anschluss mit 1793 von Niklas Natt och Dag weiter. Hätte mein Freund das Buch nicht entdeckt und es mir unter die Nase gehalten, wäre es vermutlich auch nicht auf meinem Lesestapel gelandet, da ich ja kaum bis gar keine Krimis lese. Hier hat mich der historische Aspekt jedoch so sehr angesprochen, dass ich ihm das Buch kurzerhand weggeschnappt habe. Einige haben vor der Brutalität des Buches gewarnt, aber nach Der Goldene Handschuh dachte ich mir, dass es auch nicht viel schlimmer werden kann. Nun, 1793 ist wahrlich nichts für schwache Gemüter und auch ich habe über die eine oder andere Stelle schneller drübergelesen, aber im Großen und Ganzen war es verkraftbar. Wäre der Krimi allerdings nicht so wunderbar literarisch geschrieben und durch die Teilung nach den vier Jahreszeiten in vier Kapitel so originell konzipiert gewesen, hätte er mich vielleicht auch nicht ganz so sehr überzeugt. Aber so war ich ziemlich begeistert und habe nun vor, doch mal wieder mehr Krimis zu lesen.

Eine Hand voller Sterne von Rafik Schami (nicht im Bild, da ausgeliehen) sollte die nächste Lektüre sein, da mir meine Arbeitskollegin das Buch nach dem gemeinsamen Besuch einer Lesung des Autors kurzerhand ausgeliehen hatte. Leider muss ich zugeben, dass mich Rafik Schami als Person jedoch mehr überzeugt hat als sein Buch. Nicht nur hatte ich mir die Sprache um Einiges poetischer vorgestellt, sondern auch die Handlung und die Figuren habe ich als allenfalls mittelmäßig empfunden. Um mir ein besseres Bild von Schamis Büchern machen zu können, werde ich jedoch noch mindestens ein weiteres seiner Werke lesen – und welches, steht auch schon fest (siehe Neuzugänge).

Nachdem mich Novecento von Alessandro Baricco im Februar nachhaltig beeindruckt hatte, wollte ich bald eines seiner anderen Werke lesen. Letztendlich habe ich mir Seide ausgesucht, aber das war wohl leider keine allzu gute Idee… Sprachlich und stilistisch kam es nicht einmal annähernd an Novecento ran und auch die Handlung hat mich nicht überzeugt. Endgültig vermiest wurde das Leseerlebnis letztendlich von den regelrecht pornografischen Beschreibungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte und die mich deshalb umso mehr schockten. Ich war wirklich maßlos enttäuscht und bereue es, dieses Buch als mein zweites Werk von Baricco ausgewählt zu haben.

Nach diesem bitteren Dämpfer musste unbedingt ein vielversprechendes Buch her, das mich mitreißen würde. Da ich in den letzten Jahren ausnahmslos gute Erfahrungen mit Werken österreichischer AutorInnen gemacht hatte, zog ich schließlich Rückwärtswalzer oder Die Manen der Familie Prischinger von Vea Kaiser aus dem Bücherschrank meiner Mama, das ich dort während des Heimaturlaubs an Ostern entdeckt hatte. Auch dieser Roman war in den letzten Wochen (und vor allem im Rahmen der Leipziger Buchmesse) sehr gehypet worden, aber hier kann ich mich endlich einmal dem Reigen der Lobeshymnen anschließen, denn ich habe das Buch wirklich von Anfang bis Ende gefeiert. Vea Kaiser hat hier eine herzerwärmende und herrlich unterhaltsame Tragikomödie rund um vier (okay, eigentlich fünf) unglaublich sympathische, schrullige und vor allem so lebendige Figuren geschaffen, die man nicht mehr so schnell vergisst. Definitiv eines meiner Jahreshighlights!

Neuzugänge im März und April 2019

Fast so viele Bücher, wie ich im März und April gelesen habe, sind in den vergangenen zwei Monaten auch wieder neu eingezogen – da bin ich besonders im März wirklich ein bisschen ein bisschen der Bücherkaufsucht verfallen, wo ich mich doch ansonsten normalerweise immer ziemlich gut beherrschen kann, würde ich meinen. Zu meiner Verteidigung muss ich aber auch sagen, dass ich einige Bücher, die neu eingezogen sind, auch schon wieder gelesen habe. Dennoch habe ich mich im April dann wieder etwas zurückgenommen – sicher ist sicher, denn langsam wird’s hier mit dem Platz auch schon wieder eng… Jedenfalls sind neben den bereits erwähnten, da gelesenen Büchern – das wären Die Nebelkrähe von Alexander Pechmann, 1793 von Niklas Natt och Dag, Seide von Alessandro Baricco und Der goldene Handschuh von Heinz Strunk – noch folgende neue Bücher hinzugekommen:

Wenn der Lieblingsverlag Diogenes eine Anthologie mit Geschichten, in denen es um Musik geht, veröffentlicht, dann muss ich die natürlich haben, da gibt’s gar keine Diskussion und deshalb habe ich mir Soundtrack direkt am Erscheinungstag gekauft.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich nachmittags noch einmal mit meinem Freund durch die hiesigen Buchläden bummeln würde, denn da kam dann auch noch Krokodilwächter von Katrine Engberg mit. Die sympathische Autorin durfte ich ja bereits auf der Frankfurter Buchmesse kennenlernen, und nachdem ich so viel Gutes über ihre Kopenhagen-Reihe gehört habe, musste ich das Buch dann auch endlich mal haben.

Ich wollte nur Geschichten erzählen ist schließlich das Buch, das ich mir auf der oben erwähnten Lesung von Rafik Schami gekauft habe. Der Großteil der auf dem Büchertisch ausgelegten Werke hat mich nicht direkt angesprochen, da ich nicht wirklich der Märchentyp bin und um Liebesgeschichten und/oder „Kitsch“ für gewöhnlich einen Bogen mache, aber sein neuestes, autobiografisches Werk hat mich direkt angesprochen. Ich bin gespannt und guter Dinge, dass es mir womöglich mehr zusagt als Eine Hand voller Sterne.

Kurt von Sarah Kuttner – wieder so ein Buch, an dem man auf den Buchblogs und auf Bookstagram in den vergangenen Wochen kaum vorbeikam. Ursprünglich hat es mir aufgrund der Thematik erst nicht zugesagt, aber nachdem ich es im Buchladen angelesen und mir Kuttners humorige Sprache so gut gefallen hatte, musste es dann doch mit. Ich glaube, ich habe noch nichts Schlechtes über den Roman gehört und hoffe, er wird auch mich begeistern.

Mit Der Stotterer von Charles Lewinsky zog nach Die Liebe im Ernstfall, Irgendwann wird es gut und Soundtrack ein weiteres Buch aus dem Frühjahrsprogramm des Diogenesverlags bei mir ein. Die Tatsache, dass es darin um die Macht der Sprache geht, war dafür Grund genug. Allerdings lese ich gerade Der Stotterer und bin mir noch nicht ganz sicher, was ich davon halten soll. Auf jeden Fall ist das Buch anders – ob das gut oder schlecht ist, wird sich noch herausstellen.

Zum Indie Book Day am 30. März habe ich mir neben Die Nebelkrähe auch ein Buch eines unabhängigen Verlages gegönnt, auf das ich schon seit Längerem ein Auge geworfen hatte: All die Nacht über uns von Gerhard Jäger. Der Klappentext klingt sehr spannend und ich habe das Gefühl, der Roman könnte meinen Geschmack gut treffen – hoffentlich trügt mich dieses Gefühl nicht.

Nachdem ich im Februar ja so begeistert von Junger Mann war, mussten weitere Bücher von Wolf Haas her – aber keine Brenner-Krimis, also fiel die Wahl auf Verteidigung der Missionarsstellung und Das Wetter vor 15 Jahren. Letzteres könnte aufgrund seiner speziellen Form interessant und vielleicht auch ein Reinfall werden, mal schauen, aber bei Ersterem bin ich ganz guter Dinge.

Zu guter Letzt habe ich im April im hiesigen Bücherschrank eine noch gut erhaltene Penguin-Ausgabe von Jane Austens Emma entdeckt und direkt zugeschlagen, denn in 90% der Fälle findet man dort nur Ramsch und alte Zeitschriften. Ich hatte mir zu Schulzeiten auch einmal im Übereifer eine deutsche Ausgabe des Romans zugelegt, aber nie gelesen, und da es mir ohnehin lieber ist, Bücher im Original zu lesen, wird die deutsche Ausgabe hier dann wohl irgendwann mal ausziehen.

Wenn ich die neuen Bücher hier so aufgelistet sehe, fällt mir auf, dass Emma das einzige englische Buch darunter ist. Und auch von den elf gelesenen Büchern im März und April waren lediglich zwei auf Englisch. Das ist eine Tendenz, die ich so nicht wahrgenommen hatte und die mich, ehrlich gesagt, etwas erschreckt, da es früher (also noch vor zwei Jahren) genau anders herum war. Lieber wäre mir allerdings eine gute Mischung, deswegen werde ich in nächster Zeit wieder stärker darauf achten, mehr englischsprachige Bücher unter den Lesestapel zu mischen – da habe ich mich in letzter Zeit wohl etwas zu sehr vor allem von den Neuerscheinungen auf dem deutschen Buchmarkt verführen lassen. Da kommt doch der anstehende Urlaub im englischsprachigen Ausland, wo ich auch sicherlich wieder in den einen oder anderen Buchladen schauen werde, gerade richtig – Extraplatz für ein paar neue Bücher ist im Koffer auf schon reserviert. Mal schauen, was ich finde und was ich dann im nächsten Leserückblick vorstellen kann. 🙂

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