Rückblick: Lesemonate September und Oktober 2018

In acht Wochen vom Lektürehochpunkt zum Lesetiefpunkt

Huch, da ist schon wieder Ende November und ich habe meinen Leserückblick zu den Monaten September und Oktober noch gar nicht gepostet, ups! War ich mit dem letzten Leserückblick mal richtig pünktlich dran, bin ich dieses Mal glaub so spät wie nie und hätte das vor lauter Buchmesse-, Lesungs– und Bloggeburtstagstrubel fast vergessen, aber natürlich sollen die ganzen Bücher, die ich in vergangenen zwei Monaten gelesen habe oder die neu bei mir eingezogen sind, hier auch nicht unerwähnt bleiben – vor allem, da ein paar tolle Schätze, die ich euch gerne ans Herz legen würde, aber auch ein paar Nieten dabei sind, vor denen ich euch eher warnen würde. Jedenfalls sieht die Bilanz für September und Oktober mit insgesamt sieben gelesenen Büchern nicht allzu schlecht aus und war mit einigen Romanen, zwei Erzählbänden, zwei Klassikern und einem Essayband gut durchmischt. Vor allem der September hat richtig toll angefangen, allerdings ließ meine Begeisterung für die Bücher über die acht Wochen praktisch immer mehr nach und endete letztendlich in einem absoluten Tiefpunkt. Damit bilden meine Bewertungen der einzelnen Bücher in der Reihe, wie ich sie auch gelesen habe, zufälligerweise eine fast gleichmäßig abnehmende Kurve – quasi vom Hochpunkt zum Tiefpunkt:

Gelesen im September und Oktober 2018

Wundern wird es hier wahrscheinlich niemanden, dass mir Benedict Wells‘ neuer Kurzgeschichtenband Die Wahrheit über das Lügen ziemlich gut gefallen hat. Allerdings hat es, man sollte es von mir kaum glauben,  überraschenderweise doch ein bisschen gedauert, bis sich meine konkrete Meinung zum Buch geformt hatte. Denn restlos begeistert hatte mich das Buch zunächst nicht – und ich wusste nicht genau, wie ich dieses Gefühl einordnen sollte, denn damit hatte ich gar nicht gerechnet. Aber es war nun einmal so, dass mich nicht alle Kurzgeschichten gleichermaßen überzeugen konnten: Einige davon haben mich sehr berührt (insbesondere „Das Grundschulheim“ (übrigens auch meine Lieblingserzählung in dem Band), „Richard“ und „Hunderttausend“), die ein oder andere fand ich von der Idee ziemlich cool (die Rede ist von „Ping Pong“, „Die Muse“ und „Das Franchise“), andere wiederum taten kaum bis gar nichts mit mir (das war nämlich bei „Die Wanderung“ und „Die Fliege“ leider der Fall) und dem Rest stand ich recht neutral gegenüber. Aber irgendwie liegt es ja fast schon in der Natur von Kurzgeschichtenbänden, dass einen nicht jede Geschichte gleichermaßen begeistern kann, und außerdem hat Benedict Wells das Buch ja selbst als eine Art „Picknickbox für Zwischendurch“ bezeichnet, und die sind ja für gewöhnlich auch durchmischt, damit für jeden etwas dabei ist. Positiv überrascht hat mich aber auf alle Fälle die Tatsache, dass mir die beiden Geschichten, die mit Fantasyelementen arbeiten, doch so gut gefallen haben, obwohl ich sonst kein großer Fan von Fantasy bin. Und das zeigt, denke ich, mal wieder ganz gut, was für ein riesiges Potenzial und auch was für eine Wandelbarkeit in Wells steckt – hoffentlich dauert’s also nicht mehr allzu lange bis zum nächsten Roman.

Eventuell mutet das jetzt fast ein bisschen wie Frevel an, aber Der Feind von Erich Maria Remarque, in dem verschiedene Erzählungen zum Ersten Weltkrieg enthalten sind, hat mir fast noch ein bisschen besser gefallen als der neue Wells. Da ich schon eine Weile keine Weltkriegsliteratur gelesen hatte, das aber ja ab und zu ganz gerne tue, habe ich mir den Erzählband Anfang September aus dem Regal gezogen und war wieder völlig fasziniert – fast wie damals, als ich Im Westen nichts Neues gelesen habe. Vor allem die Geschichte „Schweigen um Verdun“ hat mich tief beeindruckt und lässt mich seitdem nicht mehr los. Keiner schafft es so wie Remarque, die unfassbaren Schrecken des Ersten Weltkriegs für den Leser greifbar zu machen. Unbedingte Leseempfehlung!

Nach Remarque habe ich mich dann direkt einem weiteren Klassiker gewidmet: Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt. Ich wollte das Drama schon seit Ewigkeiten lesen und mindestens so lange stand es schon ungelesen in meinem Regal, bis ich die Musicaladaption dazu entdeckte und davon so fasziniert war, dass ich mich nun endlich auch der Originalvorlage gewidmet habe. Im Vergleich zu Dürrenmatts Romanen war das erste Drama von ihm, das ich gelesen habe, zwar zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, hat mir dann aber gut gefallen, denn die Fragen und Themen, mit denen es sich beschäftigt, sind unglaublich spannend.

Lange hat es gedauert, bis ich nun auch endlich einmal ein Buch von Khaled Hosseini, nämlich A Thousand Splendid Suns, gelesen habe, aber nachdem der Roman erst im September frisch eingezogen war, war es dann auch direkt soweit. Stellenweise fand ich die Geschichte zwar etwas langatmig und/oder ein bisschen zu kitschig geschrieben, aber insgesamt habe ich den Roman gerne gelesen – besonders die starken Frauenfiguren werden mir in positiver Erinnerung bleiben.

Ende September habe ich mir dann für Busfahrten und Mittagspausen ein kleines, türkisfarbenes Büchlein in die Tasche gepackt, nämlich Africa’s Tarnished Name von Chinua Achebe. Vielleicht lag es daran, dass ich den ein oder anderen Essay oder längeren Absatz bereits aus anderen Veröffentlichungen kannte, oder mitunter auch daran, dass ich manchmal nicht aufmerksam genug gelesen habe, aber ganz so tief beeindruckt wie mit der Essaysammlung Home and Exile hat mich Achebe diesmal nicht. Dennoch waren einige interessante Ansätze dabei und ich habe mir das ein oder andere inspirierende Zitat markiert, das mich auch wieder direkt dazu verleitet hätte, es in eine Hausarbeit einzubauen, aber dafür ist es ja mittlerweile zu spät, leider.

Mit Sieben Nächte von Simon Strauss habe ich im Oktober gleich ein weiteres Buch gelesen, das ich erst vor Kurzem erstanden habe. Meine Lieblingsbuchhändlerin hatte so davon geschwärmt und tatsächlich hat mir der Anfang noch gut gefallen, aber dann habe ich die Geschichte leider nur noch als recht merkwürdig und vor allem belanglos empfunden. Schade.

Der absolute Tiefpunkt war dann allerdings mit Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert von Joël Dicker erreicht. Bisher hatte ich ja nur ausnahmslos Gutes über den Roman gehört, aber leider falle ich mit meinem Lesegeschmack dann wohl komplett aus dem Raster, denn mir mochte die Geschichte bis zum Schluss einfach nicht gefallen. Es reichte von den eindimensionalen, nervigen und furchtbar unsympathischen Figuren über die teilweise vorhersehbare Handlung bis hin zu Sprache und Stil, die für mich auch der größte Dorn im Auge waren. Mag sein, dass hier auch viel der Übersetzung aus dem Französischen verschuldet ist, aber damit ist mein Interesse an Dickers Werken für’s Erste einmal komplett gegen Null gegangen.

Neuzugänge im September und Oktober 2018

 

Liest man beispielsweise den letzten Leserückblick, könnte man auch meinen, ich hätte jedes Mal, wenn es hier eine Bücherflut gibt, eine passende Ausrede parat: Das eine Mal war’s der Geburtstag, dieses Mal ist’s ein Bücherflohmarkt, das nächste Mal dann wahrscheinlich Weihnachten, aber was soll ich machen? Ihr kennt das ja wahrscheinlich auch selbst nur zu gut. Deshalb kann ich es hier ja sagen: Ja, ich bin ein Bookaholic und habe mich im September und Oktober wieder mit vielen, vielen Büchern eingedeckt – vor allem auf dem tollen Bücherflohmarkt, der hier immer zwei Mal im Jahr stattfindet.

So durften neben dem bereits erwähnten Roman A Thousand Splendid Suns von Khaled Hosseini außerdem noch mit: Eine noch sehr gut erhaltene Ausgabe von 1984 von George Orwell, das ich als Anglistin eigentlich schon längst hätte gelesen haben sollen, Selbs Justiz von Bernhard Schlink und Walter Popp, Heartland von Joey Goebel – und ich bin sehr gespannt, wie mir dieser Goebel gefallen wird –, The Cider House Rules von John Irving, was ich auch schon gelesen habe (aber dazu bald mehr), sowie Kenia Valley von Kat Gordon, denn da konnte ich bei einem so günstigen Preis für so ein schönes Hardcover einfach nicht Nein sagen.

Tatsächlich machen die Bücherflohmarktfunde aber nur die Hälfte der im September und Oktober neu eingezogenen Bücher aus, der Rest fiel mir mal hier und mal da quasi in die Hände – so zum Beispiel Rules of Civility von Amor Towles, welches ich beim Stöbern im hiesigen Bücherschrank entdeckt habe. Towles’ Bestsellerroman A Gentleman in Moscow habe ich im Sommer zwar angefangen und wieder abgebrochen, aber ich denke, die richtige Stunde für die beiden Romane wird sicher noch kommen.

Ein weiteres Buch, das auch eher per Zufall hier gelandet ist, ist Die Hungrigen und die Satten von Timur Vermes, das ich mir im Rahmen eines Gewinnspiels der Lieblingsbuchhandlung aussuchen durfte. Der Autor von Er ist wieder da konnte mein Interesse bisher zwar nicht wecken, da er auf mich den Eindruck machte, als würde er zu sehr die Comedyschiene fahren, aber vielleicht lag ich auch falsch und sein neues Werk wird mich eines Besseren belehren – der Klappentext klingt nämlich recht interessant, eventuell sind seine Bücher also ja doch etwas für mich.

Dann wurde es außerdem auch mal wieder Zeit für ein Sachbuch, und so steht seit Neuestem Why I’m No Longer Talking to White People about Race von Reni Eddo-Lodge in meinem Bücherregal. Ich interessiere mich ja sehr für das Thema und habe bisher ausschließlich Gutes über das Buch gehört, deswegen bin ich schon sehr gespannt, was ich davon wieder für mich mitnehmen kann.

Die letzten drei der insgesamt zwölf neuen Bücher habe ich dann noch im Rahmen von Lesungsbesuchen erstanden: So habe ich mir Tsitsi Dangarembgas ersten Roman Nervous Conditions direkt nach ihrem Gespräch mit Ilija Trojanow auf der Frankfurter Buchmesse gekauft (und das ist übrigens auch mein einziges buchiges Mitbringsel von der Messe – ihr seht also, ich kann mich manchmal auch ganz gut beherrschen 😉 ), Anderland: Die USA unter Trump – ein Schadensbericht von Ingo Zamperoni sollte nach der Lesung dann natürlich gleich vom Autor höchstpersönlich signiert werden, und nachdem mich Christian Torkler auf der Lesung zu seinem Roman Der Platz an der Sonne so begeistert hatte, durfte dann auch der Roman noch mit.

Damit sollte ich theoretisch also genug Lesenachschub haben, um trostlos überwintern zu können. Da ich, wie ihr seht, aber das ein oder andere Buch davon auch schon wieder gelesen habe, sollte es also, denke ich, vertretbar sein, wenn ich ein paar Bücher auf meinen Weihnachtswunschzettel schreibe. Welche das dann sein werden und ob sie auch tatsächlich unter dem Weihnachtsbaum gelegen sind, erfahrt ihr dann im nächsten Leserückblick, den ich hoffentlich auch wieder zeitiger veröffentlichen werde. 😉

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