Bericht: Frankfurter Buchmesse am 10. Oktober 2018
FBM Runde 2 – Teil 1/3
Neun Tage nach meinem Abenteuer auf der Frankfurter Buchmesse hallt der berühmt-berüchtigte Messeblues immer noch leicht nach, aber wenigstens konnten sich die ganzen Eindrücke von den drei Tagen zwischenzeitlich ein bisschen setzen. Gefühlt bin ich jetzt auch schon wieder die Letzte, die noch ihren Messebericht nachreicht, nur leider scheine ich aber auch die Einzige zu sein, die in diesem Jahr von den lästigen Messeviren heimgesucht wurde – und zwar so richtig! Nachdem ich mittlerweile zum Glück aus der gröbsten Erkältungsphase raus bin und endlich wieder klare Gedanken fassen kann, möchte ich nun meine Messeerlebnisse festhalten und in insgesamt drei Teilen berichten, was ich alles auf meinem zweiten Buchmesseabenteuer erlebt habe.
Da ich letztes Jahr auf meiner ersten Buchmesse überhaupt mit einem Besuch am besucherstarken Wochenende und einem nervenaufreibenden Start ziemlich ins kalte Wasser geworfen wurde, konnte ich dieses Jahr von meinen Erfahrungen profitieren. So habe ich mir den Zeitraum der Messe diesmal bereits weit im Voraus im Kalender „blockiert“, damit auch ja nichts dazwischenkommt, und allgemein viel früher mit der Planung begonnen als letztes Mal. Eigentlich stand auch schon direkt nach (oder sogar schon während) der letzten Buchmesse fest, dass ich an dieser 2018 auf alle Fälle während der Fachbesuchertage teilnehmen würde. Die Entscheidung fiel dann auf den Messemittwoch, -donnerstag und -freitag mit der Option, eventuell auch noch den Samstagvormittag mitzunehmen. Diesen Entschluss habe ich dann allerdings ziemlich bereut, als ich erfuhr, dass Chimamanda Ngozi Adichie am 9. Oktober Speakerin auf der Eröffnungspressekonferenz sein würde. Ich hätte diese großartige Frau so unfassbar gerne live gesehen und reden gehört (und wahrscheinlich den Boden unter ihren Füßen geküsst :D), aber leider war eine Planänderung anreise- und unterkunftstechnisch leider nicht mehr möglich. Über diesen Frust konnte mich dann jedoch die Tatsache, dass ich auf der Messe meine persönliche „Heilige Dreifaltigkeit der besten deutschsprachigen Gegenwartsautoren“ – nämlich Benedict Wells, Robert Seethaler und Martin Suter – alle am selben Ort sehen würde, größtenteils hinwegtrösten. Am Ende waren’s davon zwar „nur“ zwei von drei, die ich tatsächlich auf der Messe gesehen habe, aber dazu später mehr.
Messetag 1
#Seethalerliebe
Am Mittwochmorgen ging’s also um 8 Uhr morgens los, um rechtzeitig zur Lesung von Robert Seethaler um 15 Uhr im neuen Frankfurt Pavillon da zu sein. Das war zumindest der Plan. In Frankfurt kam ich auch mehr als zeitig an, nur leider ging in der Aufregung dann doch etwas mit der U-Bahn zur Messe schief, sodass ich erstmal zwanzig Minuten in die komplett falsche Richtung gefahren bin… Das Ende der Geschichte: Ich kam dann genau drei Minuten vor Beginn der Lesung am Veranstaltungsort an und hätte mich mit einem Stehplatz irgendwo hinten begnügen müssen, wenn mir die liebe Petra von Literaturreich, mit der ich mich zu dem Termin extra verabredet hatte, nicht einen Platz besetzt hätte. Nach dem Stress letztes Jahr zu Beginn der Messe und der Hektik in diesem Jahr hoffe ich jedoch, dass das jetzt nicht zu einer Art Tradition wird… Beim Lauschen der launigen und informativen Unterhaltung zwischen Robert Seethaler und Ruthard Stäblein konnte ich dann aber schnell entspannen. Wie auch bei der Lesung bei RavensBuch im Juni habe ich Seethaler sehr gerne zugehört – sowohl beim Gespräch als auch beim Lesen der Buchpassagen. Ich mag es einfach, wie er sich ausdrückt in Wort und Schrift (aber wer meine Rezensionen hier gelesen hat, den wundert das wahrscheinlich eh nicht mehr…). Sätze wie „Ich habe die Traurigkeit immer als etwas Schönes empfunden – Traurigkeit und Freude sind wie Geschwister“ oder „Bilder festzuhalten, ist das Einzige, was mich immer wieder zum Schreiben treibt“ erfüllen mich mit einer tiefen Demut vor diesem reflektierten Menschen, der sich trotzdem nicht allzu ernst nimmt. So kann Seethaler auch bestens über sich selbst lachen, wenn er erzählt, dass er und sein Lektor schon einige Male so gestritten hätten, dass er ihm gedroht hätte, seinen Schreibtisch aus dem Fenster zu werfen. Oder wenn er beim Thema „Glaube“ grinsend feststellt, dass es schon etwas Seltenes sei, ein Österreicher, aber nicht katholisch zu sein (wie er erklärte, gebe es zwar eine tiefe Gläubigkeit in ihm, die allerdings nicht an einen Namen oder ein Objekt gebunden sei). Seethaler las diesmal zwei Kapitel aus Das Feld – zunächst das Kapitel „Herm Leidecke“ und zum Schluss noch „Susan Tessler“. Letzterer bin ich nach meinen zwei Lesedurchgängen und der Lesung im Juni nun quasi zum vierten Mal „begegnet“ und trotzdem habe ich erneut eine Gänsehaut bekommen. Ruthard Stäblein witzelte im Übrigen nach dem Lesepart, dass Seethaler wohl absichtlich das längste Kapitel des Buches ausgewählt hätte, damit er nicht mehr seine Fragen beantworten müsse – woraufhin Seethaler nur trocken meinte, dass es keine falschen Fragen, sondern nur doofe Antworten gebe. Obwohl man ihm schon anmerkte, dass Interviews geben wohl nicht seine Lieblingsbeschäftigung ist… Aber na ja, ich mag diesen Mann trotzdem – oder vielleicht auch deswegen? – sehr.
Servus Herr Haas!
Ein schöner Zufall war, dass Ursula von lese_verliebt (ebenfalls ein großer Seethalerfan) bei der Lesung nur ein paar Plätze weiter links von mir saß, sodass wir danach zu dritt ein bisschen durch die Hallen zogen, bevor Petra und ich noch einen Halt bei der ARD-Bühne einlegten, wo gerade der nächste österreichische Autor – Wolf Haas – im Gespräch mit Ulrich Sonnenschein war. Von Haas hatte ich bisher nur Komm, süßer Tod, einen seiner Brenner-Krimis, gelesen – und zwar vor acht Jahren im Deutschunterricht nach dem Abi. Ich fand das Buch und den Stil damals recht gewöhnungsbedürftig, weswegen es mich sehr interessiert hat, wie der Mensch hinter dem Buch so ist. Ergebnis: Sehr sympathisch. Ich kann mir gut vorstellen, dass er mich jetzt auch mehr überzeugen könnte als damals – vielleicht ja auch mit seinem neuen Roman Junger Mann, den er auf der Messe vorgestellt hat und der recht witzig klingt.
GriechischerGeorgischer Wein und die altvertrauten Lieder…oder so
So war’s dann auch schon 17.00 Uhr und Zeit für die Happy Hour im Ehrengastpavillon. Als ich die Räumlichkeiten betrat, war ich zunächst sehr überrascht: Es sah so ganz anders aus als letztes Jahr! Während Frankreich die Räumlichkeiten 2017 mit den Holzkonstruktionen sehr hell und warm präsentiert hatte und alles deswegen sehr dicht und gedrängt wirkte, wurde der Bereich vom diesjährigen Ehrengastland Georgien komplett anders gestaltet: Der Hallenteil war abgedunkelt, es war viel Raum zwischen den einzelnen Stationen und Ausstellungsteilen und es war im Vergleich zum letzten Jahr vor allem sehr ruhig. Mit den Licht- und Toninstallationen hatte die Präsentation Georgiens auf der Buchmesse geradezu etwas Meditatives – zumindest, bis um kurz nach 5 dann eine Jazzband loslegte und der Raum immer voller wurde. Petra und ich hatten zwar etwas traditionellere Musik erwartet bzw. uns gewünscht, aber etwas abseits und mit einem Gläschen georgischen Wein in der Hand konnte man den Tag bei guten Gesprächen und dem Betrachten der Foto- und Buchausstellung doch sehr gut ausklingen lassen.
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