Rückblick: Lesemonat April 2017

Ein quantitativ guter, aber qualitativ eher mittelmäßiger Lesemonat

Nachdem ich im März so viele Bücher wie (schätzungsweise) noch nie in einem Monat gelesen habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich es in den darauffolgenden Wochen noch einmal so schnell schaffen würde, auch nur annähernd an diese (für meine Verhältnisse) ziemlich stattliche Anzahl an gelesenen Büchern heranzukommen. Was die Bücheranzahl angeht, habe ich es auch nicht ganz geschafft, da es zwei Bücher weniger sind, aber zumindest was die Seitenanzahl betrifft, dürfte ich die Menge vom letzten Monat übertroffen haben – allein die 960 Seiten von Ein wenig Leben treiben die Zahl natürlich gehörig in die Höhe. Allerdings sagt die Menge an gelesenen Büchern und Seiten ja oft nicht viel über die Qualität des Gelesenen aus, und so hielt sich meine Lesefreude im April eher in Grenzen, weil ich fast alle Bücher als mittelmäßig bis enttäuschend empfand – da hatte ich mir wohl schon zu viele Highlights im März herausgepickt… Hier nun zunächst meine Kurzmeinungen zu den gelesenen Büchern:

Gelesen im April 2017

Night von Elie Wiesel: Im Nachhinein betrachtet handelte es sich hierbei um das Buch, welches mir im April am besten gefallen hat. In einer Autobiographie berichtet der aus einem jüdischen Ghetto in Ungarn stammende Elie Wiesel über seine Erfahrungen als Kind in den Konzentrationslagern Auschwitz und Buchenwald. Mir lief es beim Lesen mehrmals kalt den Rücken runter und viele der beschriebenen Szenen haben sich in mein Gedächtnis gebrannt und beschäftigen mich jetzt noch. Eine bewegende und erschütternde Erzählung, die den Leser zutiefst betroffen und auch demütig zurücklässt.

We Should All Be Feminists von Chimamanda Ngozi Adichie: Durch ihren brillanten TED Talk zum Thema „The Danger of a Single Story“ bin ich auf Adichie aufmerksam geworden und obwohl ich noch keinen Roman von ihr gelesen habe, bin ich schon jetzt restlos begeistert von dieser inspirierenden und talentierten Frau. Schon in ihren Reden und auch in ihrem Essay We Should all Be Feminists ist deutlich zu erkennen, was für eine begnadete Erzählerin Adichie ist. In letzterem hat mich der flüssige Erzähl- und Schreibstil auch am meisten überzeugt, ihre Argumente schienen mir allerdings – obwohl ich mich noch nicht wirklich ausgiebig mit dem Thema „Feminismus“ auseinandergesetzt habe – nicht so revolutionär bzw. so originell, wie ich es eigentlich erwartet hatte.

Ein wenig Leben von Hanya Yanagihara: Zugegeben, meine Neugier war ziemlich groß. Mein Respekt vor diesem „Brummer“ und seinem Inhalt auch. Und auch wenn ich mit dem Roman verhältnismäßig schnell durch war, hatte ich doch ein paar Probleme damit. Viel weiter möchte ich an dieser Stelle aber gar nicht ausholen, da bald eine (sehr) ausführliche Rezension folgen wird.

Die Biene und der Kurt von Robert Seethaler: Seethalers irrwitziger Debutroman stellte (bewusst) einen ziemlichen Kontrast zu Yanagiharas melancholischem Werk dar. Anfangs war mir diese Abwechslung sehr willkommen, aber meine Lesefreude nahm ziemlich schnell ab. Diejenigen, die meinen Blog schon länger verfolgen, werden jetzt wahrscheinlich ungläubig vor den Bildschirmen sitzen und denken: „Was?! Dabei schwärmt sie doch immer so von Robert Seethaler!“ Ja, normalerweise. Die Biene und der Kurt brachte mich leider weniger zum Schwärmen. Wieso? Auch darauf werde ich demnächst in einer Rezension genauer eingehen.

Nachts ist es leise in Teheran von Shida Bazyar: Mein Interesse an Literatur über und aus Krisengebiete(n) ist ja bekanntlich groß und deswegen hatte ich diesen Roman auch schon länger im Auge. Als ich gesehen habe, dass es ihn in unserer Universitätsbibliothek gibt, habe ich ihn ausgeliehen. Ich war gespannt und neugierig, denn mit der iranischen Geschichte und Gegenwart habe ich mich bis jetzt noch nicht auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt steht hier eine iranische Familie, die wegen der Konflikte in ihrer Heimat letztendlich nach Deutschland auswandert. Die Geschichte der Familie wird über vier Jahrzehnte und zwei Generationen erzählt. Mir hat der Roman zwar von Abschnitt zu Abschnitt (also von Charakter zu Charakter) besser gefallen, aber so richtig gezündet hat er bei mir leider trotzdem nicht. Schade.

Frankie von Carson McCullers: Das war jetzt mein zweiter Versuch mit Carson McCullers. Mit The Heart Is a Lonely Hunter konnte mich McCullers ja schon nicht richtig überzeugen, aber da ich ihr noch eine Chance geben wollte, habe ich nun Frankie auf Benedict Wells’ Empfehlung gelesen. Er meinte, der Roman sei zugänglicher als The Heart Is a Lonely Hunter. Da stimme ich ihm durchaus zu, aber leider konnte ich mich auch hier nicht wirklich für McCullers Stil und Sprache begeistern. Ich schätze fast, die gute Carson und ich werden wohl keine Freunde mehr…

Neuzugänge im April 2017

Im April durften (endlich!) ein paar Schätze in mein Bücherregal einziehen, mit denen ich schon eine ganze Weile geliebäugelt habe:

City of Thorns: Nine Lives in the World’s Largest Refugee Camp von Ben Rawlence: Nachdem mich James Fergussons Reportage über Somalia/Mogadishu mit dem Titel The World’s Most Dangerous Place: Inside the Outlaw State of Somalia so begeistert hatte, suchte ich nach ähnlichen Büchern und stieß dabei auf dieses Buch des britischen Journalisten und Menschenrechtlers Ben Rawlence. Lange stand es auf meiner Wunschliste, jetzt habe ich es mir endlich zugelegt und auch bereits angefangen, es zu lesen – bis jetzt liest es sich ganz gut, wenn auch nicht ganz so flüssig und spannend wie Fergussons Reportage.

The Raqqa Diaries: Escape from Islamic State von Samer: Ich glaube, es war auf Instagram, als ich über dieses Büchlein gestolpert bin. Natürlich stach es mir sofort ins Auge, es entspricht ja auch wieder einigen meiner Interessengebiete. Es handelt sich hierbei um Tagebuchaufzeichnungen, die von einem IS-Aussteiger unter einem Pseudonym veröffentlicht wurden. Die Schilderungen werden außerdem mit liebevollen Illustrationen begleitet. Da ich viele positive Kritiken gelesen habe, bin ich schon sehr gespannt.

The Heart’s Invisible Furies von John Boyne: Herr Boyne ist ja ein Garant für gute und vor allem mitreißende Geschichten (siehe meine Rezension zu The Boy in the Striped Pyjamas sowie meine Kurzmeinung zu The Absolutist). Aus diesem Grund bin ich fest davon überzeugt, dass mich auch sein neuester Roman, der diesmal im Nachkriegs-Irland spielt, überzeugen wird. Noch wollen zwar vorher ein paar andere Bücher gelesen werden, aber ich freue mich auch schon darauf, dieses Buch dann bald zu lesen.

Mit meiner Einschätzung, dass ich im April ein paar weniger Bücher lesen würde als im März, lag ich ja gar nicht schlecht. Und ich glaube, dass ich auch nächsten Monat wieder recht haben könnte, wenn ich jetzt sage, dass es diesen Monat wahrscheinlich wieder weniger sein werden. Aber die Uni hat halt auch wieder angefangen und die Masterarbeit schreibt sich ja auch nicht von allein. Aber ein bisschen Freizeitlesen am Abend hat sich ja als inspirierende Ablenkung bewährt, und so habe ich mir für diesen Monat vorgenommen, auf alle Fälle City of Thorns fertigzulesen und danach könnten dann entweder Martin Suters Die Zeit, die Zeit oder Paul Austers 4 3 2 1 folgen – beide reizen mich gerade. Mal sehen, wie es in ein paar Wochen aussieht und ob diesmal wieder mehr Knüller dabei sein werden. Ich werde mich überraschen lassen.

Wie verlief euer Lesemonat April denn? Welche Bücher habt ihr gelesen und welche Schätze sind neu hinzugekommen? Wie immer würde ich mich über Kommentare und Empfehlungen freuen!

Kommentare

  1. Julia | Literameer

    Liebe Elena,

    auf deine Rezension zu “Ein wenig Leben” bin ich gespannt. Trotz der vielen positiven Meinungen konnte mich das Buch noch nicht ganz reizen. Dennoch bin ich irgendwie immer gespannt auf Rezensionen dazu.

    Und “The Raqqa Diaries: Escape from Islamic State” klingt auch sehr interessant so dass ich auch da gespannt auf deine Meinung bin. Wenn es gut ist wandert es dann bestimmt auf meine Wunschliste 🙂

    Liebe Grüße
    Julia

    1. Liebe Julia,

      ja, so ging es mir mit “Ein wenig Leben” lange Zeit auch. Die Rezension kommt nächste Woche, allerdings wird sie wohl nicht ganz so überschwänglich ausfallen, also sei schon mal gewarnt. 😉

      Bezüglich “The Raqqa Diaries” weiß ich noch nicht ganz genau, wann ich dazu kommen werde, es zu lesen, aber da es ja ein eher kleineres Büchlein ist, kann ich es vielleicht mal dazwischenschieben, mal schauen. Ich werde dich auf jeden Fall wissen lassen, wie es mir gefallen hat! 🙂

      Viele liebe Grüße,
      Elena

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