Von dem Zauber der Jugend, großen Träumen und ganz viel Euphancholie
Hätte vor fünf Jahren jemand versucht, mir weismachen zu wollen, dass ich im Jahr 2021 die erste Lesung nach einer nervenzehrenden pandemiebedingten Zwangspause, in der das gesamte gesellschaftliche Leben bis aufs Minimum heruntergefahren worden wäre, mit einer medizinischen Maske vor Mund und Nase besuchen würde und im Rahmen exakt dieser Lesung dank meines eigenen Buchblogs obendrauf noch ziemlich unverhofft für eine Moderation neben niemand Geringerem als dem Autor, den ich von allen Schriftsteller*innen wohl am meisten schätze, auf der Bühne stünde, hätte ich jene Person vermutlich für verrückt erklärt und ihr höchstens geraten, diese völlig utopische Geschichte bei der nächsten Märchenstunde im Kindergarten zu erzählen. Ich bin mir nicht sicher, welcher Aspekt davon unrealistischer klingt. Doch wenn mich die letzten Jahre – und davon vor allem die vergangenen rund 20 Monate im Zeichen der Pandemie – etwas gelehrt haben, dann, dass im Grunde auch die scheinbar abwegigsten Dinge bisweilen auf einen Schlag Realität werden können. Und so ist das oben Beschriebene am vergangenen Montag tatsächlich genauso eingetreten, ich habe mir ein Beispiel an Benedict Wells‘ jüngstem Protagonisten genommen und bin mit Anlauf (selbstverständlich sinnbildlich) über die Klippe gesprungen: Ein für mich völlig surrealer, durchaus etwas märchenhafter Abend, der sich teils in die Ewigkeit dehnen wollte und sollte, teils wie im Rausch an mir vorbeigezogen ist, weshalb ein sachlicher, detaillierter Bericht über jene Lesung an dieser Stelle ehrlichkeitshalber keine Option für mich ist, auch wenn mein Leserherz von diesem unbezahlbaren Erlebnis sicherlich für alle Zeiten zehren wird. Umso schöner ist es jedoch, dass ich tags darauf nochmals die Möglichkeit hatte, eine Lesung von Benedict Wells quasi als ganz normale Besucherin zu erleben – und zwar in Ravensburg, sprich fast genau dort, wo vor fünf Jahren exakt jene Geschichte begonnen hat, für die ich gerade so weit ausgeholt habe. Wenn man so will also ein einziger, ziemlich perfekter Kreis.