Zwischen Anmut und Hässlichkeit, Hoffnung und Verzweiflung, Empathie und Abscheu
Für gewöhnlich mache ich mir nicht viel aus (inter-)nationalen Literaturpreisen. Okay, zugegeben, im Sommer schmökere ich dann doch ganz gerne durch das Leseprobenheft mit den Nominierten des Deutschen Buchpreises, aber hauptsächlich aus Gründen der Inspiration – den Gewinner lese ich dann trotzdem nur, wenn er mich inhaltlich anspricht, und nicht wegen seiner Auszeichnung. Oft treffen die Preisträger nämlich nicht so richtig meinen Geschmack. Dass der Gewinner des Booker Prizes 2020, dem wichtigsten britischen Literaturpreis, hier für mich jedoch eine schöne Ausnahme sein würde, das wusste ich schon, nachdem ich den Klappentext von Douglas Stuarts Debüt Shuggie Bain gelesen hatte: Ein Roman, der in Schottland spielt und alles andere als leichte Kost zu sein scheint, der wandert bei mir natürlich ohne Umwege direkt auf die vorderen Plätze der Leseliste. Zwar hat es dann letztendlich noch ein bisschen gedauert, bis ich mich Shuggie Bain widmen konnte, doch dann habe ich mich dieser herzzerreißenden, bedrückenden, bisweilen schonungslosen und gleichzeitig zärtlichen Geschichte, bei der trotz all der Düsternis und des Elends immer wieder Funken voller Hoffnung, Wärme und Mitgefühl zum Leser überspringen, völlig hingegeben und wurde nachhaltig beeindruckt.