Bericht: Lesung von Melanie Raabe am 21. März 2017 in Ravensburg

Ein Ausflug in die Welt des Thrillers

Drei Lesungen innerhalb drei Wochen, also jede Woche eine? Kann man mal machen, dachte ich mir. Und vor allem: Daran könnte man sich definitiv gewöhnen! So stand nach den beiden Lesungen von Benedict Wells und Takis Würger  für mich letzte Woche noch eine weitere an: Melanie Raabe legte auf ihrer Lesereise zu Die Wahrheit nämlich einen Stopp in Ravensburg ein und das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Zwar hatte ich bis zum Zeitpunkt des Kartenkaufs noch nicht einmal einen ihrer Romane gelesen, aber ich war ihr schon eine Weile auf diversen Social Media-Kanälen gefolgt und mir schien die Autorin einfach so unfassbar sympathisch, dass ich sie gerne einmal live sehen und lesen hören wollte. Abgesehen davon war die anstehende Lesung auch die optimale Motivation dafür, bis dahin zumindest Die Falle zu lesen – wenigstens ein bisschen wollte ich mitreden können.

Zugegebenermaßen bin ich nämlich eigentlich kein wirklicher Thriller- und Krimileser. Nicht, weil ich mit Spannung und eventueller Gewalt nicht umgehen könnte (mein Interesse an Kriegsliteratur spricht da ja eh für sich…), sondern schlichtweg, weil mich die Genres nicht so sehr reizen wie manch andere. So war es dann bei der Lektüre von Die Falle auch weniger die Handlung und die Spannung, die mich überzeugten, sondern vielmehr Raabes Stil und vor allem die atmosphärische Sprache. Nicht nur, aber vor allem auch wegen dieser Aspekte werde ich demnächst auch ihren neuesten Roman lesen, den mir die Autorin bei der Lesung auch wirklich schmackhaft gemacht hat.

Melanie Raabe las an dem Abend drei Parts aus Die Wahrheit vor. Bevor sie sich den ersten beiden Kapiteln des Romans widmete, stellte sie sich jedoch kurz vor und witzelte, dass man nur bei ihr „die Wahrheit“ für kleines Geld bekommen könne, woanders koste sie mehr. Hätte sie nicht davor schon alle Aufmerksamkeit auf sich gehabt, wäre das spätestens an diesem Punkt der Fall gewesen. So lauschte ihr das Publikum anschließend andächtig und wirkte auch sehr interessiert an der kurzen Zusammenfassung der Handlung, die darauf folgte. Schnell war klar, was für eine talentierte Erzählerin Raabe ist – sowohl mündlich als auch schriftlich! Gerade während des zweiten Leseparts, der sich der Szene widmete, in der die Protagonistin und ihr Sohn am Flughafen auf die Ankunft des jahrelang verschwundenen Philipps warten, war zu beobachten, wie die Zuhörer gespannt auf ihren Stühlen saßen. Offenbar waren außer mir noch einige andere „Raabe-Neulinge“ anwesend. Für die Autorin schien es jedenfalls ein Leichtes, uns alle in ihren Bann zu ziehen: Sie las mit perfekter Intonation, erzeugte durch Lesetempoveränderungen Spannung und stellte eine Nähe zu ihrem Publikum her, indem sie während des Lesens gelegentlich vom Buch aufschaute. Da ich dies bei meinen bisherigen Lesungen noch nie so stark wahrgenommen hatte, war ich davon immens beeindruckt.

Ich hörte dieser jungen Schriftstellerin einfach gerne zu. Egal, ob sie vorlas oder frei redete – ihre journalistische Ausbildung, ihre erzählerische Gabe, ihr gekonnter Umgang mit und außergewöhnliches Gefühl für Sprache stachen in jedem Satz klar hervor. Gerade die Randerzählungen zwischen den Leseparts und späteren Antworten auf Leserfragen wirkten stets klug und durchdacht, manchmal auch fast schon zu perfekt. In diesen Fällen war ich mir dann nicht sicher, ob es sich dabei bereits um Teile des Standardrepertoires oder lediglich um Beweise für die beispiellose Redegewandtheit der Autorin handelte. Mit genauso viel Überlegung schienen auch die vorgetragenen Textstellen ausgewählt worden zu sein, da sie meine Neugier auf die Geschichte absolut weckten. Von daher weiß Melanie Raabe auf jeden Fall, wie sie für sich und ihre Werke die bestmögliche Werbung macht – davon würde ich mir wirklich gerne eine Scheibe abschneiden!

Aber nicht nur die Romanausschnitte waren sehr spannend, sondern auch die Hintergründe zum Entstehungsprozess des Romans und die Einblicke, welche die Autorin in ihre generelle Arbeit gewährte. So erfuhren wir unter anderem, dass Raabe durch das Lesen zum Schreiben gekommen war und sich nicht nur als Spannungsautorin sieht – auch wenn sie dem Genre für’s Erste treu bleibt, da sie momentan an ihrem dritten Thriller schreibt. In diesem Zusammenhang verriet sie dem Ravensburger Publikum sogar, dass sie vor der Lesung in ihrem Hotel erst ein Kapitel daraus mit einem fiesen Cliffhanger beendet hätte. Wie sie berichtete, begleiteten sie ihre Geschichten ständig, sodass sie sich fortlaufend Notizen mache, auch wenn sie leider nicht – wie manch andere ihrer Kollegen, die sie bewundere – überall schreiben könne.

Überrascht reagierten viele Zuhörer und auch ich, als wir erfuhren, dass es sich bei Die Falle bei Weitem nicht um den ersten Roman aus Melanie Raabes Feder handelt, sondern lediglich um den erstveröffentlichten. Vor diesem Hintergrund interessierte es den ein oder anderen natürlich, was denn mit der Handvoll Geschichten, die in den circa zehn Jahren vor Raabes Durchbruch entstanden sind, passiere, allerdings konnte Raabe noch nicht sagen, ob sie die eine oder andere Idee noch einmal überarbeite, denn an vielen neuen Ideen mangele es nicht. Fast so fieberhaft wie die Autorin selbst scheinen auch schon viele ihrer Leser nicht nur auf die Veröffentlichung neuer Romane, sondern auch auf die Verfilmung von Die Falle zu warten. Hierzu erzählte Raabe nämlich, dass das Drehbuch nun fertiggestellt sei und die Castings bereits in den nächsten Monaten anstehen könnten. Man darf also gespannt sein!

Leider war die Lesung schließlich viel schneller vorbei, als es mir lieb war. Ich hätte dieser sympathischen und inspirierenden jungen Autorin gerne noch länger zugehört und von dieser begnadeten Erzählerin am liebsten den ganzen Roman vorgelesen bekommen. So bin ich dann mit jeweils einem signierten Exemplar von Die Falle und Die Wahrheit den Heimweg angetreten und hätte letzteres am liebsten auf der Stelle gelesen, wenn nicht meine eigene Arbeit dazwischengekommen wäre (weswegen sich übrigens auch dieser Bericht ein bisschen verzögert hat). Nun freue ich mich sehr, den Roman zu lesen und für Melanie Raabe, was das Genre „Thriller“ angeht, wieder eine kleine Ausnahme zu machen.

Lest ihr gerne Thriller und Krimis oder wart ihr bereits bei einer Lesung von Melanie Raabe?
Wie immer freue ich mich über eure Kommentare!

Kommentare

  1. Julia | Literameer

    Liebe Elena,

    das ist ein wirklich schöner Bericht. Deine Begeisterung für den Abend kann ich gut nachvollziehen. Ich war vor zwei Jahren auf einer Lesung der Autorin und bin immer noch total begeistert. Leider hat es im letzten Jahr nicht geklappt, aber bei nächster Gelegenheit möchte ich sie auch gerne wieder live sehen.

    Liebe Grüße
    Julia

    1. Liebe Julia,

      da hattest du mir ja auch wirklich nicht zu viel versprochen, als du meintest, dass es sich auf jeden Fall lohnen würde, auf eine ihrer Lesungen zu gehen! 🙂
      Schade, dass du sie auf ihrer Lesereise zu “Die Wahrheit” noch nicht sehen konntest, aber ich drücke dir die Daumen, dass sie vielleicht noch mal in deiner Nähe liest oder dass es dann wieder beim dritten Roman klappt!

      Ganz liebe Grüße und dir ein schönes Wochenende,
      Elena

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