Rückblick: Lesemonat November 2016

Von lesetechnisch eher durchwachsenen Wochen mit einem Last-minute-Highlight…

Und da ist er schon, mein zweiter Monatsrückblick. Wie schnell die Zeit vergeht. Dabei hatte ich mir für diesen Monat doch so viel vorgenommen… Am Ende sind’s dann leider gerade einmal drei gelesene Bücher geworden. Aber ich hatte ja im letzten Monatsrückblick auch bereits erwähnt, dass die Anzahl gelesener Bücher mit dem Semesterbeginn wieder automatisch schrumpfen würde, von daher hatte ich auch gar nicht mehr mit einem so großen Stapel gelesener Bücher gerechnet. Was ich allerdings nicht erwartet hatte: Dass mich eines der geplanten Bücher für November so viel Zeit und Nerven kosten würde. Dazu gleich mehr…

Gelesen im November 2016

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Kim von Rudyard Kipling: In meinem Post vom letzten Monat dürfte meine Vorfreude auf die Lektüre noch durchgeklungen sein. Immerhin stand der Roman schon seit längerer Zeit auf meiner Leseliste. Bereits nach ein paar Seiten war ich allerdings vollkommen ernüchtert. Das erste Kapitel beginnt in medias res und es ist unglaublich schwer, sich zu orientieren und einen Anknüpfungspunkt zu finden. So viele Namen, Orte, Begriffe – es ist ein heilloses Durcheinander. Leider hält dieses Chaos auch fast ununterbrochen an. Und ich denke nicht, dass es an der fremden Kultur und den ortsspezifischen Bezeichnungen und Namen lag, da ich eigentlich recht viel Literatur gelesen habe bzw. lese, die z.B. in Afrika, Indien und der Karibik angesiedelt ist, und hier hatte ich bis jetzt nie derartige Schwierigkeiten. Was Kim angeht, habe ich die Vermutung, dass es auch Kiplings recht diffusem Schreibstil zu verdanken ist, dass ich so große Probleme hatte, der Handlung zu folgen. Er springt innerhalb eines Satzes (und die Sätze sind häufig ohnehin sehr lang) von der einen Beschreibung zu anderen und man weiß oft gar nicht, WAS/WER nun gemeint ist. Die Lektüre strengte mich derart an, dass ich meistens nach nur knapp 10 Seiten so müde war, dass ich meine Augen kaum offenhalten konnte. Deswegen kann man dem Roman wenigstens eine „Qualität“ bescheinigen: Er wirkt besser als so manche Schlaftablette… So zog sich das dann also zähe eineinhalb Wochen hin, bis ich gezwungen war, meine Lesestrategie zu ändern: Ich las das Buch gezwungenermaßen tagsüber, um endlich weiterzukommen, da ich es ja für ein Uniseminar komplett lesen musste – wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich den Roman wahrscheinlich auch abgebrochen (und das will etwas heißen, da das bei mir eigentlich nie vorkommt!). Denn nicht nur Kiplings Schreibstil verlangte mir einiges ab (dabei mag ich seine Gedichte recht gerne…), sondern auch die Handlung an sich wirkte auf mich schrecklich öde. Zwar wurde das Ganze ab Kapitel 5 etwas besser, aber auch wirklich nur ein bisschen. Was sich mir im Übrigen auch nicht erschließen will ist die Tatsache, dass Kim als Jugendroman deklariert wird: Sowohl stilistisch als auch thematisch ergibt das für mich keinerlei Sinn – nicht einmal erwachsenen und mit (Post-)Kolonialliteratur vertrauten Lesern würde ich diesen Roman empfehlen.
Und noch eine Notiz am Rande: Wie sich bei den Diskussionen im Seminar herausstellte, war ich auch bei Weitem nicht die Einzige, die sich an dieser harten Nuss namens Kim fast die Zähne ausgebissen hatte!

The Heart Is a Lonely Hunter von Carson McCullers: Nachdem ich mich mit Kiplings Werk so schwergetan hatte, freute ich mich umso mehr auf McCullers Roman! Seit ich Benedict Wells’ Vom Ende der Einsamkeit gelesen hatte und das Buch darin erwähnt worden war, wollte ich The Heart Is a Lonely Hunter unbedingt lesen – allein der Titel hat mich schon unglaublich angesprochen! Bereits das erste Kapitel fühlte sich nach der zähen Lektüre Kims unfassbar erlösend an, McCullers Beschreibungen des taubstummen John Singer und seines Freundes Spiros Antonapoulos gefielen mir ausgesprochen gut. Leider hielt dieses Gefühl allerdings nicht den ganzen Roman über an. Ich vermute, dass es daran lag, dass mich nicht jede Geschichte der insgesamt fünf Hauptpersonen (John Singer (der Dreh- und Angelpunkt), Biff Brannon, Jake Blount, Mick Kelly und Dr. Copeland) gleichermaßen bewegte/interessierte – am liebsten hätte ich nur von Singer und Mick gelesen. Das lag wahrscheinlich an der Wärme, die der Charakter Singer ausstrahlte, und meine Sympathie für Mick wegen ihrer Liebe für die Musik. Mir ist beim Lesen auch etwas aufgefallen, das mir sonst nur selten passiert: Beim Weiterlesen nach einer Pause war ich jedes Mal kurz komplett orientierungslos und konnte mich nicht mehr erinnern, was davor passiert war, und es dauerte immer ein paar Seiten, bis ich wieder in der Geschichte drin war. Vielleicht war das auch der Hauptgrund, weshalb mich der Roman nicht richtig mitreißen konnte. Aber immerhin konnte ich dank McCullers meinen Wortschatz erweitern, denn ihr absolutes Lieblingswort scheint wohl „(to) holler“ zu sein. Das Wort kommt gefühlt auf jeder zweiten Seite vor und nach einer Weile verspürte ich wirklich das Bedürfnis, ab und zu Synonyme dafür einzusetzen – ein bisschen Abwechslung hätte da wirklich nicht geschadet!

Song for Night von Chris Abani: Um den Monat nicht derart erfolglos und unbefriedigt/enttäuscht ausklingen zu lassen, zog ich vorgestern noch dieses kleine Büchlein aus dem Regal. Ich hatte es vor ein paar Monaten bereits bei einem Friseurbesuch angefangen bzw. versucht, anzufangen, aber das war definitiv nicht der richtige Ort für dieses Buch und diese Geschichte! Denn Abanis Novelle braucht Stille zum Nachdenken und Raum, in dem sich die wunderschöne Sprache entfalten und wirken kann. Aber dazu mehr in einer ausführlichen Rezension!

Neuzugänge November 2016

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Im letzten Monat hatte ich bereits von einem „eskalierten Bücherkauf“ geredet. In diesem Monat trifft die Beschreibung „explodierter Bücherkauf“ vielleicht dann noch eher zu… Ich glaube, meine liebe Mama hatte Angst, dass mir der Lesestoff ausgehen könnte. 😀 Und auch diesmal handelt es sich wieder um ein buntes Potpourri:

Du sagst es von Connie Palmen: Ich bin schon eine ganze Weile um das Buch herumgeschlichen, es wurde ja auch genug angepriesen und die Idee zur Geschichte sagt mir sehr zu. Am liebsten würde ich den Roman möglichst bald lesen, aber davor möchte ich noch Sylvia Plaths The Bell Jar lesen, um das Ganze besser verstehen zu können.

Vincent von Joey Goebel: Dass dieser Roman/Schriftsteller schnurstracks ganz nach oben auf meiner Leseliste gewandert ist, das ist (mal wieder) Herrn Wells und seinen „Werbemaßnahmen“ für Goebel zu verdanken. Bei diesem Buch interessiert mich aber vor allem auch die Thematik: Eine Firma, die ihren „Schützlingen“ (Künstler), absichtlich Leid zufügt, um die Produktion neuer, genialer Werke zu garantieren. Ich habe Vincent bereits gestern begonnen und bin gespannt, wie/ob mir der Roman gefallen wird.

Ich gegen Osborne von Joey Goebel: Hier handelt es sich um ein Buch, dessen Thematik eigentlich gar nicht meinem Beuteschema entspricht: Ein High School-Roman, der anscheinend auch ein bisschen an J. D. Salingers The Catcher in the Rye (welches ich, um ehrlich zu sein, nicht ausstehen konnte) erinnern soll. Ich assoziiere es (momentan) auch mit Wells’ Spinner und da mir dieser Roman – wider Erwarten – ausgesprochen gut gefallen hat, möchte ich mich nun überraschen lassen, ob das vielleicht auch bei Ich gegen Osborne der Fall sein könnte.

Weihnachten mit Johann Wolfgang Goethe (Fischer Klassik): Dieses Büchlein habe ich der Buchhandlung gesehen und sofort hat sich ein „Will/Muss-ich-haben“-Bedürfnis eingestellt. Der vermutliche Grund: Ich liebe Goethe. So einfach ist das. Beim Durchblättern bin ich dann auch gleich mal bei Ausschnitten aus Die Leiden des jungen Werthers hängengeblieben und hätte am liebsten sofort angefangen, diesen Roman (es ist eines meiner absoluten Herzensbücher) mal wieder zu lesen.

The Old Man and the Sea von Ernest Hemingway: Auch wieder ein Buch, das schon ewig auf meiner Leseliste steht. Denn eigentlich mag ich Hemingway ja sehr. Nur mit A Farewell to Arms ist er bei mir in diesem Frühjahr leider ein bisschen in Ungnade gefallen, da mir das so gar nicht zugesagt hat. Umso größer ist jetzt aber die Hoffnung, dass The Old Man and the Sea das wieder ausbügeln kann.

Don’t Look Now and Other Stories von Daphne du Maurier: Hachja, ich mag Frau du Maurier ja unglaublich gerne! Rebecca zählt zu meinen Lieblingsbüchern und Jamaica Inn hat mir auch sehr gut gefallen. Auf ihre Kurzgeschichten bin ich deshalb sehr gespannt!

We Have Always Lived in the Castle von Shirley Jackson: Da ich ja ab und zu auch gerne einmal etwas düstere Geschichten lese und Gothic Fiction liebe, haben mir etliche Leute Shirley Jackson und vor allem diesen Roman von ihr eindringlich ans Herz gelegt. Der Klappentext klingt ja schon sehr vielversprechend und genau nach meinem Geschmack: „The world of Shirley Jackson is eerie and unforgettable … she is a true Master“

Life Class-Trilogie (I. Life Class, II. Toby’s Room, III. Noonday) von Pat Barker: Ich hatte ja bereits im letzten Monatsrückblick angedeutet, dass ich gerne und viel über den Ersten Weltkrieg lese. Im Frühjahr hat mich Pat Barkers Regeneration-Trilogie, deren Handlung sich um das Craighlockhart Hospital in Edinburgh, in dem Shell Shock-Opfer behandelt wurden, und u.a. auch um die beiden britischen War Poets Wilfred Owen und Siegfried Sassoon dreht, unglaublich begeistert und bewegt. Pat Barkers Recherchearbeit hat mich schwer beeindruckt. Als ich dann erfahren habe, dass sie eine weitere Trilogie über den/die Weltkrieg(e) geschrieben hat, wurden diese drei Bücher selbstverständlich SOFORT auf meine Lese-/Kaufliste gesetzt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir die Romane wieder sehr gut gefallen werden und freue mich schon sehr auf’s Lesen.

The Orchard of Lost Souls von Nadifa Mohamed: Studienbedingt liegt einer meiner Lektüreschwerpunkte auch auf Literatur aus/über Afrika und hier vor allem Somalia. Vor ein paar Jahren habe ich einmal einige Ausschnitte aus Mohameds erstem Roman Black Mamba Boy gelesen und die britische Autorin mit somalischen Wurzeln ist mir daher im Gedächtnis geblieben. In The Orchard of Lost Souls geht es um den somalischen Bürgerkrieg und ich bin schon gespannt, wie sich Mohameds Werk mit Nuruddin Farahs Romanen zu dieser Thematik vergleichen lässt.

Was der Dezember nun bringen wird, das kann ich jetzt noch gar nicht wirklich abschätzen. Gerne würde ich mehr Bücher als im November lesen, doch da ich auch viel (Sekundärliteratur) für die Uni zu lesen habe, möchte ich meine Ziele deswegen mal besser nicht zu hoch setzen. Vincent habe ich, wie gesagt, bereits angefangen und danach wird She von H. Rider Haggard folgen. Jedenfalls werde ich mit The Heart Is a Lonely Hunter nun erst einmal ein weiteres Buch auf meiner „100 Bücher“-Liste abhaken und dann mal schauen, welcher Punkt auf der Liste als nächstes in Angriff genommen wird.

Welche Bücher habt ihr diesen Monat verschlungen? Welche Werke durften bei euch einziehen? Über Anregungen und Empfehlungen freue ich mich immer!

Kommentare

  1. Liebe Ela 🙂

    eigentlich mag ich diese ganzen “ich habe gelesen und werde lesen”-Beiträge nicht mehr soo gerne – denn bei einigen Blogs gibt es grühlt nur diese Art von Beiträgen zu finden. Das ist schade, denn es gibt noch so viel mehr zu schreiben. Diesen Beitrag von Dir mag ich jedoch, denn Du schreibst nicht nur welche Bücher gerade eingezogen sind (oder gelesen wurden), sondern man hat wirklich das Gefühl, mit Dir an der Kasse zu stehen und zu schnacken, warum der Buchkauf denn diesmal eskaliert ist 😉 Das macht sehr viel Spaß – also, bei Dir: Gerne mehr davon 😉

    “Du sagst es” habe ich ja schon gelesen und kann es Dir auch ans Herz legen, wenn Du “The Bell Jar” noch nicht kennst – ich kenne es nämlich nicht. Dennoch ist “Du sagst es” unheimlich berührend und toll. Aber mach wie Du denkst 😉

    “Vincent” steht bei mir ja auch auf der “ganz ganz bald”-Liste, vorher sind aber noch ein paar Rezensionsexemplare dran. Und zu “Weihnachten mit Johann Wolfgang Goethe” kann ich Dir nur gratulieren. Goethe (und Schiller natürlich auch!) geht immer 😀 Viel Spaß damit – ich hab es dank Dir nun auf der Wunschliste.

    Ganz liebe Grüße
    Sarah

    1. Liebe Sarah,

      erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar, ich freue mich da jedes Mal wie ein kleines Kind! 🙂

      Es freut mich auch ungemein, dass dir dieser Beitrag so gut gefällt! Ich kann dich da nämlich schon verstehen in deiner generellen/automatischen Abneigung gegenüber dieser Art von Blogposts – ich bin auch schon öfter über solche Beiträge gestolpert, in denen die gelesenen/gekauften Bücher lediglich aufgezählt werden, ohne jegliche Bemerkungen. Ich frage mich da immer, wo der Sinn darin liegt. Ich lese/kaufe die Bücher ja nicht, um sie hier schön auflisten und präsentieren zu können, sondern ich möchte, dass meine Leser aus den Kommentare und Erläuterungen bestenfalls einen Mehrwert für sich ziehen können. 🙂

      Das ist jetzt doch irgendwie beruhigend, dass man “The Bell Jar” offenbar nicht unbedingt gelesen haben muss – danke dir! Ich habe nämlich nicht nur einmal gelesen, dass es besser wäre, Plaths Buch erst zu lesen und dann “Du sagst es”. Vielleicht werde ich es auch so lesen, aber ich denke mir, es könnte auch mal eine Motivation sein, “The Bell Jar” endlich einmal zu lesen, da ich befürchte, dass das bei mir sonst noch sehr lange dauern könnte… 😀

      Bei “Vincent” bin ich ja auch noch nicht so weit mit dem Lesen vorangeschritten, aber ich muss sagen, dass ich anfangs (ungfähr die ersten 50-70 Seiten) die Befürchtung hatte, dass das in meinem Fall ein Fehlgriff war. Ich konnte erst einmal gar nichts damit anfangen. Zum Glück gab’s dann aber jetzt nach ca. einem Drittel die Entwarnung: Es gefällt mir immer besser und ich amüsiere mich teilweise köstlich. Ich bin schon sehr auf deine Meinung gespannt! 🙂
      Und bezüglich Goethe und Schiller kann ich dir nur absolut zustimmen! Schön zu hören, dass ich dich da ein bisschen inspirieren konnte.

      Ganz liebe Grüße,
      Elena

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